Sandmücken und Leishmaniose

Leishmaniose - die Historie

 


 Die Ebers Papyrus sind eine Serie von medizinischen Dokumenten der ersten ägyptischen Dynastie und reichen ins Jahr 2000 v.Chr. zurück Dort bereits wird über eine Hautkrankheit mit dem Namen 'Nile Pimple' berichtet, wobei es sich vermutlich um den ersten Nachweis einer Hautleishmaniose handelt.

 Im Jahr 650 v.Chr. berichtete ein Priester am Hof König Ashurbanipals (669-627 v.Chr.) von Assyrien: 'Bezüglich dieses Teufels in der Haut, mein König, Euer Gnaden: Dieses kommt nicht von Herzen. Die Krankheit dauert ein Jahr, und alle, die davon krank sind, genesen wieder'.

 Daß die Schleimhautleishmaniose bereits in ersten Jahrhundert n.Chr. in Peru und Ecuador grassierte, demonstrieren zahlreiche pre-Inka Skulpturen, welche Hautläsionen und starke Gesichtsdeformationen darstellen - typisch für die auch heute noch in dieser Region verbreiteten Leishmaniose.

 Die erste klinische Beschreibung einer Hautleishmaniose wurde von Alexander Russell 1756 verfaßt. Er beschreibt in Indien eine Krankheit eines türkischen Patienten, der unter der 'Aleppo Beule' leidet. Hier findet sich der erste Hinweis, daß auch Hunde von dieser Krankheit heimgesucht werden.

 Die innere Leishmaniose war unter dem auch heute noch gängigen Namen 'Kala-azar' in Indien im letzten Jahrhundert gut bekannt. Kala-azar bedeutet so viel wie 'schwarzes Fieber' (hindi: kala = schwarz; azar = Fieber), dieses jedoch nicht wegen einer angeblich auftretenden Schwarzfärbung der Haut, sondern wegen des erschreckenden Eindruckes, den die Krankheit auf das Empfinden des Volkes ausübt; schwarz symbolisiert in Indien die Unreinheit.

 Cunningham sah 1885 vermutlich als Erster parasitische Organismen in Hautbiopsien eines indischen Patienten der 'Oriental Sore'. Er beschrieb einen Organismus als möglichen Vertreter der Mycetozoa ('Schleimpilze'). Er gab an, daß der kleinste dieser Parasiten 6,4 x 6,4 µm groß war. Dieser Größe wegen könnte es sich bei seiner Beobachtung allenfalls um Teilungsstadien von Leishmanien gehandelt haben. Durch Buchner wurde 1886 Cunningham's Entdeckung auch in Deutschland publiziert. In einem Wiener Krankenhaus fand Riehl ebenfalls 1886 einen 'parasitischen Micrococcus' als Ursache der 'Aleppobeule'. In mikroskopischen Untersuchungen von bioptischem Material der Beule beschrieb er sehr genau das ausschließlich endoplasmatische Vorkommen von 'vollkommen kugeligen Coccen mit einem Durchmesser von 0,9 bis 1,1 µm' in den Wirtszellen eines Patienten, der sich die 'Aleppobeule' in Ofra (Indien) zugezogen hatte. Eine weitere detaillierte Beschreibung 'parasitischer Protozoen' wurde von dem russischen Armeearzt Borovsky 1898 gegeben, als er Hautläsionen 'Sart Sore' in Turkmenistan studierte. Firth veröffentlichte 1891 im 'British Medical Journal' die Arbeit 'The appearance of certain sporozoid bodies in the protoplasm of an Oriental Sore', in der er hauptsächlich die Aussagen Cunningham's unterstützte. Er skizzierte das parasitisch endozelluläre Vorkommen von 6 bis 12 µm großen, Sporen- ähnlichen Körperchen in Hautbiopsien, welche 1886 bis 1887 von Patienten genommen wurden, die unter der 'Russian Scare' litten. Firth vergab dem Parasiten den NamenSporozoa furunculosa und wies darauf hin, daß ähnliche Körperchen auch in Hautgeschwüren von Hunden in Indien vorkommen.

 Im April 1900 wurde ein irischer Soldat der '2nd Royal Irish Rifles' wegen Verdacht auf Ruhr vom Camp Dum-dum, 10 km von Kalkutta (Indien) entfernt, in das Royal Victoria Hospital in Netley (England) überstellt. Sieben Monate später, im November 1900, verstarb der Patient. Die Diagnose war 'Dum- dum Fieber'. 38 Stunden nach dem Tod des Soldaten wurde eine Biopsie unternommen. William B. Leishman entdeckte in bioptischem Material der Milzpulpa intrazelluläre kleine Körperchen. Er stellte Ähnlichkeiten zu Trypanosomen fest, nahm jedoch an, daß es sich um degenerative, durch postmortale Veränderungen verursachte Formen handelte. Erst drei Jahre später wurde diese Beobachtung veröffentlicht. Donovan, der zu dieser Zeit in Madras (Indien) arbeitete, fand ähnliche Körperchen in post mortem Präparaten der Milz von Patienten, die an 'chronic malaria' verstarben. In durch Milzpunktion erhaltenem frischem Blut eines 12-jährigen indischen Jungen, der an der gleichen Krankheit litt, fand Donovan identische Körperchen. Er bewies damit, daß seine und Leishman's beobachteten Körperchen keinen postmortalen Veränderungen unterlagen. Wright entdeckte 1903 in der 'Delhi Sore' eines armenischen Kindes Parasiten, die er für Mikrosporidien hielt, und vergab daher den Namen Helcosoma tropicum. Laveran & Mesnil nahmen 1903 an, daß die Parasiten der indischen Kala-Azar Piroplasmen seien, und vergaben daher den Namen Piroplasma donovani. Dieser Name war es dann, der von Ross 1903 in Leishmania donovani korrigiert wurde.

 Im Seamen's Hospital in London wurden am 18. Dezember 1903 zum erstenmal die Körperchen von Leishman und Donovan (= LD-bodies), in durch Milzpunktion gewonnenem Material, diagnostisch von Manson & Low nachgewiesen. Cathoire erkannte 1904, daß die 'infantile splenic anaemia' der Mediterranen Region gleich der Kala-azar in Indien sei. Rogers gelang 1904 die erste Kultur von Leishmania donovani, und er demonstrierte auch die Geißelformen. Lühe erkannte 1906 die Gleichheit der Parasiten aus Hautläsionen und Kala-azar Patienten. Obwohl er Wright's Helcosoma tropicum inLeishmania tropica änderte, hielt er dennoch an dem Glauben fest, es handle sich um Piroplasmen. Der unanfechtbare Beweis des Flagellatencharakters beider (bis dahin bekannter) Leishmania-Arten erfolgte 1908 durch Nicolle, als dieser beide Arten in vitro auf Blutagar kultivierte. Der erste Nachweis, daß Sandmücken die Vektoren von Leishmanien sind, findet sich 1912 bei Wenyon, als dieser in 6% sezierter Sandmücken aus Aleppo (Indien) Herpetomonas fand, die der Kulturform von Leishmania ähnelte. Sergent et al. konnten schließlich 1921 experimentell zeigen, daß die Sandmückenart Phlebotomus papatasi der Vektor der Hautleishmaniose ist. Sie homogenisierten Sandmücken, inokulierten das Homogenat auf Freiwillige, wodurch diese sich infizierten.

 

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