Sandmücken und Leishmaniose

Die Sandmückenart Phlebotomus papatasi

 


Die erste Erwähnung einer Sandmücke (vermutlich Phlebotomus papatasi) findet sich 1691 bei Bonnani. In der ersten gültigen Beschreibung nannte Scopoli 1786 diese Sandmücke Bibio papatasi. Scopoli beschrieb jedoch nur das Weibchen. 1840 beschrieb Rondani das Männchen ungerechtfertigterweise als Flebotomus papatasii. Von Loew erhielt diese Sandmückenart dann 1847 den heute gültigen NamenPhlebotomus papatasi. Kurioserweise scheint bis zum heutigen Tage eine gültige Beschreibung des männlichen Ph. papatasi zu fehlen.

 

Geographische Verbreitung

Man trifft Phlebotomus papatasi in Europa in Portugal, Spanien, Süd-Frankreich, Italien, Griechenland und im ehemaligen Jugoslawien. Die nördliche Verbreitungsgrenze hat diese Sandmücke in Süd-Ungarn und Rumänien bis in die Ukraine (Krim), sowie in der Region um die südliche Hälfte des Kaspischen Meeres und des Aralsees. Im Osten ist Ph. papatasi im Iran und Irak, in Afghanistan, Pakistan und Vorder-Indien verbreitet, ebenso wie in Arabien, im Sudan, in Äthiopien und in gesamt Nordafrika.

 

Vektorkompetenz

Phlebotomus papatasi ist nachgewiesener Vektor kutaner Leishmaniose (Leishmania major) in Rußland (auch L. turanica), Saudi Arabien, Israel, Marokko und Tunesien, sowie vermuteter Vektor kutaner Leishmaniose (L. arabica) in Saudi Arabien.

Ph. papatasi ist nachgewiesener Vektor verschiedener Phlebovirus-Serotypen in Nordafrika, Südeuropa, im Iran und Zentralasien.

1960 isolierten Schmidt et al. aus Phlebotomus papatasi in Ägypten (Kairo) den 'Sicilian type' eines Phlebotomus Fiebervirus.

1982 fanden Schmidt et al. im Jordan Valley in Israel Phlebotomus papatasi, welche Leishmanien (Leishmania major) beherbergten. Die Durseuchungsrate infizierter Ph. papatasi lag bei bis zu 56%.

1984 fanden Schlein et al. im Jordan Valley in Israel Phlebotomus papatasi, welche Leishmanien (Leishmania major) beherbergten. Die Durseuchungsrate infizierter Ph. papatasi lag in Quaya bei 23%, in Zentral Arava bei 6,7% und in Qeziot bei 14.8%.

1987 isolierten Ben Ismail et al. in Tunesien in Douara aus Phlebotomus papatasi das Leishmania major Zymodeme MON-25. Die Durseuchungsrate infizierter Ph. papatasi lag bei 8.3%.

1992 isolierten Merdan et al. in Ägypten im Nord Sinai aus Phlebotomus papatasi das Leishmania major Zymodeme LON-70. Die Durseuchungsrate infizierter Ph. papatasi lag bei 0.14%.

1992 isolierten Izri et al. in Algerien, nahe Biskra aus Phlebotomus papatasi das Leishmania major Zymodeme MON-25. Die Durseuchungsrate infizierter Ph. papatasi lag bei 0.34%.

1995 isolierten Yaghoobi Ershadi et al. im Iran in der Isfahan Provinz, nahe Borkhar aus Phlebotomus papatasi das Leishmania major Zymodeme MON-26.

1996 berichtete Strelkova, daß in Rußland (Turkmenistan, Uzbekistan, Kazakhstan und Tajikistan) 17 Isolate von Leishmania majoraus Phlebotomus papatasi getätigt wurden. In einem Fall wurde aus Ph. papatasi eine gemischte Infektion von L. major andL. turanica nachgewiesen.

 

Verhalten

Phlebotomus papatasi ist:

 

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  • häufig domestisch (im Hause vergesellschaftet mit dem Menschen),

  • stark anthropophil (den Menschen als 'Opfer' bevorzugend),

  • mancherorts photophob (lichtscheu),

  • dann nachts endophil (in dunkle Räume fliegend) und

  • endophag (in Räumen Blut saugend).

 

Sonstiges

Neue Ergebnisse zur Verbreitung, bzw. zum Aussterben von Phlebotomus papatasi in Nordost-Griechenland

Griechenland liegt nahezu mitten im Verbreitungsgebiet dieser Sandmückenart. 1932 bis 1934 wurde Phlebotomus papatasi zahlreich in Nordost-Griechenland gefangen. 1993 wurden in dieser Region im Rahmen meiner Studien gerade einmal drei Ph. papatasi-Sandmücken (unter mehr als 4'000) gefangen. Zwischen 1994 und 1997 konnten weitere, mehr als 150'000 Sandmücken in Nordost-Griechenland gesammelt werden. Seit 1994 wurde jedoch keine weitere Sandmücke der Art Ph. papatasi in Nordost-Griechenland gefunden (siehe meine Diss.). Im Süden Griechenlands, in der Athener Region, ist Ph. papatasi weiterhin zahlreich vertreten. Auch auf Rhodos wurden 1995 einige Exemplare gefangen. Es liegt der Schluß nahe, daß Ph. papatasi in Nordost-Griechenland zur Zeit ausstirbt, bzw. bereits ausgestorben ist. Für dieses Aussterben in dieser Region wären folgende Gründe denkbar:

 

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  • Von der europaweiten DDT- Bekämpfung gegen die Malaria-Vektoren hat sich die Population von Ph. papatasi in dieser Region nicht mehr erholt.

  • Ph. papatasi ist als endophile Sandmückenart bekannt, die ihre Wirte in Räumen aufsucht und nach einem Blutmahl zum Rasten auch dort verbleibt. In Griechenland ist die Benutzung von Insektiziden in Form von Flüssig- und Festverdampfersystemen zum Schutz vor Insektenstichen während der Nacht sehr verbreitet. Durch das endophile und auch anthropophile Verhalten könnte gerade Ph. papatasi diesen Insektiziden zum Opfer gefallen sein.

  • Seit dem starken Ausbau des Tourismus in Nordost-Griechenland während der letzten etwa 30 Jahre verfiel die Landwirtschaft, durch die sich die Landbevölkerung in dieser Region einst weitgehend selbst versorgte. Die ursprünglich relativ verstreut lebende Bevölkerung zog in die entstehenden Touristenstädte in Küstennähe. Ganze Dörfer im Hinterland Nordost-Griechenlands wurden verlassen. Ph. papatasi zeigt in seinem gesamten Verbreitungsgebiet jedoch ein fast ausschließlich anthropophiles Blutsaugverhalten. Um in dieser Region trotz der Folgen durch den Tourismus überleben zu können, hätte Ph. papatasi daher entweder sein Blutsaugverhalten ändern oder dem Menschen an die Küste folgen müssen.

  •  Im Zuge der globalen Erwärmung wird die SandmückePh. papatasi voraussichtlich ihre geographische Verbreitung und das saisondynamische Vorkommen verändern. Ph. papatasi ist eine Sandmückenart, die in Regionen hoher Temperaturschwankungen (Tag/Nacht und Sommer/Winter) verbreitet ist. Besonders Chalkidiki, aber auch das übrige Nordost-Griechenland unterliegen relativ niedrigen Temperaturschwankungen. Es wäre daher denkbar, daß der Selektionsvorteil, den Ph. papatasi wegen seiner Toleranz von hohen Temperaturschwankungen hatte, nun wegen der globalen Erwärmung im ohnehin schon milden Seeklima Nordost-Griechenlands weggefallen ist. Somit könnte diese Sandmückenart der daraufhin auftretenden interspezifischen Konkurrenz mit anderen Sandmückenarten nicht gewachsen gewesen sein.

 

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